Der menschliche Schädelknochen hat vor allem eine große Schutzfunktion. Er schützt die Weichteile darunter und das Nervensystem. Hat der Schädelknochen ein Loch, gefährdet das das Gehirn. Abbildung 1 *
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die den Schädelknochen des Menschen in Mitleidenschaft ziehen – und in letzter Konsequenz sogar ein Schädelimplantat nötig machen. Das Universitätsklinikum Leipzig nennt dabei Fälle wie sogenannte druckentlastende Entdecklungen, schwere Traumata, multiple Frakturen, Tumorentfernung samt Knochenpartien, absterbendes Knochengewebe, Infektionen und Abstoßungsreaktionen im Körper.
Ebenso umfangreich wie die Einsatzmöglichkeiten von Schädelimplantaten sind, sind auch die kleinen Feinheiten, auf die es bei der Fertigung ankommt – damit ein Leben mit einem Schädelimplantat ohne Einschränkungen möglich ist.
Darauf ist beim Implantat zu achten
Material und Passgenauigkeit sind beim Anfertigen eines Schädelimplantats die entscheidenden Faktoren. Darauf kommt es bei diesen Kernfaktoren an:
- Die Passgenauigkeit des Schädelimplantats wird – bei Herstellern wie Evonos – durch eine patientenspezifische Fertigung aus CT-Daten erreicht. Durch diese Form der Fertigung ist der Sitz des Implantats ebenso perfekt wie der Schutz, den das Implantat bietet. Das verletzliche Weichgewebe und das darunter liegende Nervensystem sind bestens geschützt. Rein ästhetisch betrachtet wird ein Unwissender das Implantat kaum erkennen.
- Das Infektionsrisiko ist gering. Die Biokompatibilität ist hoch. Exotherme Reaktionen werden bei diesem Hersteller ausgeschlossen. Das Implantat besteht hier aus Polyetheretherketon, kurz: PEEK. Eine Unbekannte ist das Material längst nicht mehr. Jahrelang wurde es bereits erfolgreich in der Gesichtsschädel- und Kieferchirurgie eingesetzt. Neben dem geringen Entzündungsrisiko und dem geringen Abstoßungsrisiko gibt es noch einen chirurgischen Vorteil: Das Material lässt sich leicht bearbeiten. Dieser Vorteil macht sich bei einer Profilanpassung schnell bemerkbar: Bohrungen und Fräsungen sind so leicht möglich. Die Operationszeit verkürzt sich.
Schnell und simpel kann das Schädelimplantat direkt mithilfe des CT-Scans durch den Chirurg bestellt werden. Sieben bis zehn Arbeitstage dauert die passgenaue Fertigung.
Das Leben mit einem Schädelimplantat
Wer sich einer Operation am Kopf unterzieht, der hat meist im Vorfeld einige Strapazen hinter sich gebracht. Nach der Operation allerdings sind die Reaktionen auf das Schädelimplantat sehr gut. In diversen Foren gibt es Anmerkungen von Betroffenen, die davon sprechen, dass das Implantat sich zwar fühlend ertasten lässt, aber per se weder sichtbar noch schmerzhaft ist. Viele berichten davon, eine Erleichterung zu verspüren, da sie um die schützende Funktion des Implantats wissen.
Darüber hinaus finden sich in einschlägigen Forenbeiträgen von Betroffen vor allem Informationen darüber, dass sich nach weit zurückliegenden Operationen mit Schädelimplantaten häufig Probleme mit der Passgenauigkeit und mit der Verarbeitung des Implantats an den Rändern ergaben. Grund genug, auf ein Markenimplantat – wie eingangs vorgestellt – zu beharren und Sorgen im Vorgespräch deutlich zu formulieren. Betroffene, die von einem Knirschen und Knacken im Schädel berichteten, das sich vor allem bei sportlicher Aktivität hörbar bemerkbar macht, gibt es kaum mehr. Das ist auf die Verbesserungen beim Material der Schädelimplantate zurückzuführen. Rein gefühlsmäßig berichten viele Betroffene auch davon, dass es sich manchmal anfühle, als würde sich das Schädelimplantat bewegen. Auch das ist mit einer mechanisch perfekt angepassten Form des Schädelimplantats heute nahezu auszuschließen.
Im Fachjargon: Kranioplastik und Kraniotomie
Der Schädel ist ein diffiziles Knochenwerk, das bei einer Kraniotomie höchste Konzentration seitens des Chirurgen erfordert. Mit diesem Fachbegriff wird die Öffnung des Knochen bezeichnet. Abbildung 3 *
Wer sich mit der Thematik des Schädelimplantats beschäftigt, bewegt sich im Bereich der Kranioplastik. Dieser aus dem Griechischen abgeleitete Fachbereich bezeichnet eine Operationsform, bei der nach einer Deformation oder einem Defekt der Schädelknochen dieser wieder hergestellt wird – und zwar mithilfe eines Schädelimplantats. Einst transplantierte man Goldplatten und Knochen. Heute sind Kunststoffe, Titan, Keramik und eigenes Knochenmaterial die Wunschmaterialien des Neurochirurgen.
Der operative Vorgang, die Kraniotomie, bezeichnet die Öffnung des körpereigenen Schädels. Oft wird die Kraniotomie deswegen nötig, weil eine Operation direkt am Gehirn nötig ist, was ohne die Kraniotomie nicht zu erreichen wäre. Nach der eigentlichen Operation, die direkt am Gehirn erfolgt, gibt es zwei Möglichkeiten, den offenen Schädelknochen wieder zu verschließen. So kann das Knochenstück wieder eingesetzt werden („osteoplastische Kraniotomie“). Meist verwächst sich der Knochen in einigen Monaten wieder. Besteht ohnehin ein erhöhter Hirndruck, wird das Verfahren der „osteoklatischen Kraniotomie“ angewandt, sprich: Nur Kopfschwarte und Kopfhaut verschließen das Loch im Schädel. Ggf. kann dann im weiteren Therapieverlauf eine Schädelimplantation möglich und sinnvoll werden.
Krankheitsbilder und Symptome, die eine Kraniotomie nötig machen, sind Hirntumore und Blutungen in der Hirnregion, ein gesteigerter Hirndruck, die medizinische Notwendigkeit, Gewebeproben zu gewinnen, Abszesse im Gehirn und andere Erkrankungen im Schädelbereich.
* Bildquellen:
Abbildung 1: pixabay.com © toubibe (CC0 Public Domain)
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Abbildung 3: pixabay.com © Clker-Free-Vector-Images (CC0 Public Domain)
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