Um die kritische Embryonalentwicklung beim Menschen näher erforschen zu können, versuchen Forscher seit Jahren menschliche Embryonen zu züchten. Jetzt ist es dem britischen Forscherteam um Magdalena Zernicka-Goetz an der University of Cambridge erstmals gelungen im Tierversuch embryoähnliche Gebilde aus Stammzellen zu erzeugen. Die Forscher zeigen sich optimistisch und hoffen schon bald ohne natürliche Embryonen an der Erforschung der Entwicklung des Menschen arbeiten zu können. Kritiker sind bislang nicht überzeugt.
Bandbreite der Stammzellenforschung
Die Stammzellforschung läuft auf Hochtouren. Während die teilungsfreudigen Zellen zur Behandlung von Blutkrebs und Nervenkrankheiten bereits im Einsatz sind, werden die potenziellen Einsatzmöglichkeiten als vielversprechend eingestuft. Wie aus den Stammzellen-Nachrichten des Onlinemagazins zur Familien-Gesundheit hervorgeht, gelang Forschern der Universität Göttingen erst kürzlich ein markanter Durchbruch: Sie produzierten mit Hilfe von Stammzellen ein Herzpflaster, das verlorenes Herzmuskelgewebe wiederaufbauen soll. Prof. Dr. Wolfram-Hubertus Zimmermann ist Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der Universitätsmedizin Göttingen und leitete das Forscherteam. Er hat die Bedingungen zur Herstellung der Engineered Heart Muscles, wie die Herzpflaster genannt werden, basierend auf innovativer Technologie derart weiterentwickelt, dass der Einsatz im Rahmen von Studien bei Menschen mit Herzmuskelschwäche erstmals realistisch scheint. Derartige Beispiele verdeutlichen, dass die medizinischen Möglichkeiten, die mit Stammzellen einhergehen, längst keine Science-Fiction mehr sind. In Cambridge kündigt sich bereits der nächste Durchbruch an: Künstlich erschaffene Embryos zur Erforschung der menschlichen Entwicklung.
Embryos aus dem Labor rufen Kritiker auf den Plan
Ein Großteil der Schwangerschaften wird aufgrund von minimalen Fehlern während der Embryonalentwicklung vom Körper abgebrochen. Die leitende Entwicklungsbiologin Magdalena Zernicka-Goetz arbeitet im englischen Cambridge seit Jahren an der Erforschung dieser problematischen Phase. Um künftig ohne natürliche Embryonen auszukommen, hat sich ihr Forscherteam der Züchtung von Mausembryonen aus Stammzellen gewidmet. Wie aus der Zeitschrift Science hervorgeht, soll das Experiment nun gelungen sein. Das Ergebnis seien Mausembryonen, die eine starke Ähnlichkeit mit natürlichen Vertretern hätten. Sowohl Genaktivität als auch Gestalt sollen größtenteils übereinstimmen.
Zur Herstellung des Maus-Embryos verwendeten die Forscher Stammzellen von der Placenta sowie einem Embryo. Diese entwickelten sich innerhalb von sieben Tagen zu einem primitiven Embryo. Wie gewünscht hätte der künstliche Embryo mit der Zellzeitung begonnen und die erforderlichen Zellgruppen zur späteren Bildung von Herz, Muskeln, Gehirn, Haut und Augen enthalten.
Mit den Züchtungen soll der Zeitraum zwischen Befruchtung und Gebärmutter-Einnistung des Embryos erforscht werden, um die Geheimnisse der frühen Schwangerschaftsphase beim Menschen zu lüften und Fehlgeburten in Zukunft zu vermeiden. Bis es soweit ist, scheint auf die Forscher allerdings noch eine Menge Arbeit zuzukommen. Denn ein gesunder Fötus könne sich derzeit noch nicht aus ihrem künstlichen Maus-Embryo entwickeln. Unter anderem fehle eine Stammzellsorte, um die Nährstoffversorgung des Embryos über einen Dottersack zu gewährleisten und auch eine Plazenta fehle bislang. Das natürliche Vorbild ist deutlich komplexer: Eine befruchtete Eizelle bildet neben embryonalen Zellen zwei für die Dottersack- und Plazenta-Entwicklung unverzichtbare Stammzelltypen. Alle Zellen beeinflussen die Entwicklung des Embryos maßgeblich und interagieren untereinander.
Was mit Stammzellen derzeit außerdem möglich ist, ist in unserer Artikelübersicht nachzulesen.
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