apotheken-wissen.de: Anstieg des Burnouts auch durch Arbeitsbedingungen
apotheken-wissen.de: Anstieg des Burnouts durch neue Arbeitsbedingungen *

Gerade hat der DAK Gesundheitsreport für das erste Halbjahr 2012 festgestellt, dass die auf psychischen Erkrankungen basierenden Arbeitsunfähigkeiten mittlerweile den dritten Platz in der Rangfolge aller Krankmeldungen einnehmen. Auch die AOK kommt auf das gleiche Ergebnis und geht dem Thema nach: Durch die zeitliche und räumliche Flexibilisierung der Arbeitswelt stoßen Arbeitnehmer an ihre psychischen Belastbarkeitsgrenzen. Insbesondere bei ständiger Erreichbarkeit, häufigen Überstunden, wechselnden Arbeitsorten und langen Anfahrtswegen zur Arbeit leiden Beschäftigte zunehmend an psychischen Beschwerden. Helmut Schröder, Herausgeber des Fehlzeiten-Reports 2012 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), sagt: „Im Grunde ist es gut für die Gesundheit, wenn Beschäftigte ihre Arbeit räumlich und zeitlich an die eigenen Bedürfnisse anpassen können. Aber diese Flexibilität braucht ihre Grenzen“.

Burnout – psychische Erkrankungen durch Arbeit nehmen weiter zu

Telearbeit, Videokonferenzen, Smartphones – die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch. Der technische Fortschritt hat vielfältige gesellschaftliche Veränderungen angestoßen – eine davon ist die Flexibilisierung. Den richtigen Umgang damit müssen wir wohl erst noch lernen und dabei neue Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit vereinbaren.

Laut Wissenschaftlichem Institut der AOK: Parallel zur zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitswelt nimmt die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen bei den Beschäftigten weiter zu. Seit 1994 ist die Zahl der psychischen Erkrankungen um 120 Prozent angestiegen . Das macht sich bei den Fehlzeiten bemerkbar: 2011 waren Ausfallzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen mit im Schnitt 22,5 Tagen je Fall mehr als doppelt so lange wie andere Erkrankungen mit durchschnittlich 11 Tagen je Fall.

Immer häufiger lautet die Diagnose „Burnout“. Nach einer Hochrechnung des WIdO, bezogen auf die mehr als 34 Millionen gesetzlich krankenversicherten Beschäftigten in Deutschland, waren 2011 mehr als 130.000 Personen wegen eines Burnouts krankgeschrieben. Das führte zu insgesamt 2,7 Millionen Fehltagen. Häufiger waren Frauen betroffen als Männer.

Ständig erreichbar, permanent mobil, hoher Druck am Arbeitsplatz


Flexibel zu arbeiten eröffnet für den Einzelnen und für die Unternehmen große Chancen. Wer selbst bestimmt, wo und wann er arbeitet, kann die Anforderungen von Beruf und Privatleben besser aufeinander abstimmen. Auch räumliche Mobilität vergrößert den eigenen Handlungsspielraum, indem sich zum Beispiel neue Aufstiegs- oder Entwicklungschancen bieten. Doch zu viel berufliche Flexibilität kann die Psyche belasten.

Ständige Erreichbarkeit und permanente Mobilitätsbereitschaft sind somit heute für viele Erwerbstätige Realität und haben den klassischen Büro-Arbeitstag von neun Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags abgelöst. Eine repräsentative Befragung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) für den neuen Fehlzeiten-Report belegt dies deutlich. Mehr als jeder dritte Erwerbstätige hat in den letzten vier Wochen häufig Anrufe oder E-Mails außerhalb der Arbeitszeit erhalten (33,8 Prozent) oder Überstunden geleistet (32,3 Prozent). Auch Arbeit mit nach Hause zu nehmen (12,0 Prozent) oder an Sonn- und Feiertagen zu arbeiten (10,6 Prozent) stellt kein Randphänomen dar. Nahezu jeder achte Beschäftigte gibt zugleich an, dass er Probleme mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Freizeit hat (13,2 Prozent) oder auch wegen beruflicher Verpflichtungen Pläne für private Aktivitäten geändert hat (12,8 Prozent).

Aber: Arbeitnehmer, die ständig erreichbar sind, die immer am oberen Limit arbeiten oder lange Anfahrtswege zur Arbeit in Kauf nehmen, sind großen psychischen Belastungen ausgesetzt!

Neue Arbeitsbelastungen und ihre psychischen Auswirkungen

All diese Belastungen im Arbeitsalltag führen dazu, dass diese Beschäftigten mehr an psychischen Beschwerden leiden als diejenigen, die diesen Belastungen nicht ausgesetzt sind. Dabei berichten die Befragten nicht nur über Erschöpfung (20,8 Prozent) oder das Problem in der Freizeit nicht abschalten zu können (20,1 Prozent), sondern auch über Kopfschmerzen (13,5 Prozent) oder Niedergeschlagenheit (11,3 Prozent). Nennt im Durchschnitt jeder Beschäftigte über 1,5 dieser Beschwerden in den letzten vier Wochen, führen die verschiedenen Entgrenzungsformen von Arbeit und Freizeit zu deutlich mehr psychischen Problemen: Bei häufig mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit werden mehr als doppelt so viele Beschwerden benannt (3,2). Auch wer häufig private Aktivitäten aufgrund beruflicher Belange verschiebt (2,8), an Sonn- und Feiertagen arbeitet oder häufig Überstunden leistet (jeweils 2,0) berichtet häufiger von psychischen Beschwerden.

Lust und Last der Mobilität für die Arbeit oder zur Arbeit

Immer öfter sind Arbeitnehmer mobil: Heute sind bereits rund 40 Prozent der Berufstätigen entweder Wochenendpendler, pendeln täglich mindestens eine Stunde zur Arbeit oder haben ihren Wohnort aufgrund beruflicher Anforderungen gewechselt. Viele Beschäftigte nehmen auch lange Fahrtzeiten zu ihrem Arbeitsplatz in Kauf. Aus der räumlichen Mobilität ziehen Arbeitnehmer durchaus Vorteile, etwa indem sie Arbeitslosigkeit vermeiden oder Aufstiegschancen an anderen Orten nutzen. Gleichzeitig sind sie aber auch stärker psychischen Belastungen ausgesetzt. Die Beschäftigtenbefragung des WIdO belegt, dass die Belastung durch übermäßiges Pendeln mit einer Zunahme von psychischen Beschwerden wie Erschöpfung oder Niedergeschlagenheit einhergeht. Ergänzende Fehlzeitenanalysen bestätigen einen Zusammenhang von Fehltagen sowie Fallzahl psychischer Erkrankungen und der Länge des Anfahrtsweges zur Arbei. Bei Beschäftigten, deren Arbeitsplatz mehr als 500 km von ihrem Wohnort entfernt ist, gab es 2011 statistisch fast einen halben Fehltag mehr aufgrund einer psychischen Erkrankung als bei Beschäftigten, die weniger als 30 km zur Arbeit pendeln. Die 7,5 Millionen bei der AOK versicherten Beschäftigten, die bis zu 30 km zur Arbeit fahren, haben aufgrund von psychischen Erkrankungen knapp 12 Millionen Fehltage. Dies entspricht 9,1 Prozent der Fälle je 100 Versicherte. Dieser Wert steigt kontinuierlich mit der Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort. Bei Beschäftigten, die mehr als 500 km von ihrem Wohnsitz arbeiten, waren dies immerhin 11,1 Prozent. Damit unterliegen Pendler mit großen Strecken einem um 20 Prozent höheren Risiko, an psychischen Symptomen zu erkranken. „Hier gilt es, die Innovationen bei den modernen Kommunikationsmedien zu nutzen. So können Unternehmen und Beschäftigte Flexibilitätsanforderungen und gesundes Arbeiten besser miteinander in Einklang bringen“, so Helmut Schröder.

Geht es denn anders? Wie die Chancen der Flexibilität nutzen?

„Flexibel und mobil zu arbeiten, bietet sowohl jedem Einzelnen als auch den Unternehmen Vorteile, wenn es mit mehr Wahlfreiheit und Handlungsautonomie verbunden ist“, folgerte WIdO-Experte Schröder aus den Daten. So eröffnet die neue Arbeitsstelle in einer anderen Stadt beispielsweise neue Lern- und Entwicklungschancen. Außerdem wird die räumliche Beengtheit eines Ortes aufgehoben, wenn man zum Arbeitsplatz pendelt oder durch virtuelle Kommunikation ortsungebunden an gemeinsamen Projekten arbeiten kann. „Damit Unternehmen und Beschäftigte den Spagat zwischen Flexibilitätsanforderungen und gesundem Arbeiten meistern können, müssen die Innovationen bei den modernen Kommunikationsmedien genutzt werden“, so Schröder. Laptops oder Handys, aber auch Telefon- und Videokonferenzen ermöglichen beispielsweise, das heimische Büro zu nutzen und gleichzeitig in der Welt präsent zu sein.

Aber: das richtige und gesunde Beherrschen dieses Spagats wird erst noch zu lehren und zu lernen sein – von Arbeitgebern und von Arbeitnehmern.

Literatur zum Thema Burnout

* Bildquelle: Gerd Altmann  / pixelio.de
Textquelle: Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) und der AOK-Bundesverband – Fehlzeiten-Report 2012

Von Team apotheken-wissen.de

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