Stress im Alltag, angespannte Situationen, Reibungspunkte mit Mitmenschen… Dies alles sind nur allzu bekannte Szenen, die wohl jedem bekannt sind. Für ca. 2% der in Deutschland lebenden Menschen sitzen diese Probleme jedoch wesentlich tiefer und bestimmen Leben, Alltag und zwischenmenschliche Beziehungen. Diese Menschen leiden unter einer sogenannten Borderline Störung, auch Borderline Syndrom genannt, einer psychischen Erkrankung, bei der das emotionale Gleichgewicht bei der kleinsten Ursache aus der Bahn geworfen wird und die Betroffenen aus scheinbar minimalen Anlässen ausrasten, andere von sich stoßen oder sich sogar selbst verletzen.
Hintergrund und Ursachen einer Borderline Störung
Der Name Borderline entstammt einer Schrift des amerikanischen Psychoanalytikers Adolph Stern, der 1938 herausstellte, dass es sich bei dieser Störung weder um eine Neurose, noch um eine Psychose handele, sondern diese vielmehr abwechselnd auftreten.
Ausgelöst wird die Erkrankung häufig durch das Zusammenspiel genetischer Veranlagung und dem Fehlen bestimmter Grundwerte wie Liebe und Aufmerksamkeit im Leben. Zerrissene Familienverhältnisse, Arbeitslosigkeit, Armut, sexueller Missbrauch oder emotionale Kälte durch die Eltern können grundlegende auslösende Faktoren für die Ausbildung einer solchen psychologischen Störung sein. In häufigen Fällen wird eine Borderline Störung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen festgestellt, wobei sie meist zwischen dem 16. Und 18. Lebensjahr voll ausgebildet wird. Erfahrungsgemäß nehmen die Störungen zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr deutlich ab.
Merkmale und Problematik der Borderline Störung
Leider bietet unsere heutige Gesellschaft offenbar einen stetig wachsenden Nährboden für derartige psychische Erkrankungen. Daher ist es wichtig, auffällige Symptome im Auge zu behalten und die Betroffenen nicht allein zu lassen. Oft kann bereits in der Kindheit ein aufmerksamer Beobachter, der den Mut hat, nicht nur hinzusehen, sondern einzuschreiten, im späteren Leben eine tiefe seelische Verletzung und damit eine psychische Störung verhindern.
Möglichkeiten der Borderline Therapie
Heilbar ist diese psychische Störung leider nicht, einmal ausgebildet hält sie ein Leben lang an. Auch die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung besteht nicht, man kann lediglich einzelne Symptome wie Niedergeschlagenheit mit Medikamenten behandeln. Der Betroffene muss mit Hilfe verschiedene Therapien lernen, seine Reaktionen zu kontrollieren und mit den Auswirkungen umzugehen. Da die Borderline Störung vor allem das familiäre und soziale Miteinander sehr erschwert, ist es besonders wichtig, dass auch Familienmitglieder, Freunde und eventuelle Partner genau über die Umstände der Störung informiert sind und sich idealerweise auch an Therapien beteiligen. Zusätzlich besteht jederzeit die Möglichkeit, sich Rat und Hilfe zu holen. Erste Anlaufstelle bei dem Verdacht auf das Borderline Syndrom sollte immer der Hausarzt sein. Erhärtet sich der Verdacht wird dieser den Patienten dann an die entsprechenden Spezialisten weiter leiten.
Es gibt drei Formen der Psychotherapie, die zur Behandlung einer Borderline Störung zum Einsatz kommen.
Die erste Variante ist die Verhaltenstherapie. Hierbei lernt der Patient, zu verstehen, wo die Ursachen für seine psychischen Probleme liegen und dass die meist extrem übertriebenen Reaktionen daher rühren, dass bestimmte Aussagen und Situationen oft völlig falsch eingeschätzt werden. In nachgestellten Szenen wird geübt, diese Falscheinschätzungen zu vermeiden und sich der Situation mit mehr Selbstkontrolle zu stellen. Der Betroffene muss lernen, nicht jede Kritik sofort auf sich selber zu beziehen oder auf relativ normale Dinge wie den Anblick einer ungiftigen Schlange nicht mit übertrieben hysterischen Angstattacken zu reagieren. Diese angelernte neue Selbstkontrolle kann in den verschiedensten Lebenssituationen angewendet werden.
Die zweite Form der Borderline Therapie stellt die Gesprächstherapie dar. Hierbei werden zentral alltägliche Situationen und Konflikte besprochen, in denen den Patienten vor Augen geführt wird, dass es beispielsweise ganz normal ist, vor einem großen Auftritt oder angesichts einer prominenten Persönlichkeit zu schwitzen und nervös zu werden, auch wenn dieses für den Betroffenen nicht ins eigene Wunschbild passt. Der Patient muss lernen, dass das tatsächliche eigene Verhalten durchaus von dem gewünschten Verhaltensmuster abweichen kann und dieses ganz normal und menschlich ist.
Die dritte Form der Therapie bei Borderline Patienten ist die analytische Psychotherapie. Diese Therapieform beruht auf den Theorien Sigmund Freuds. Danach werden nicht komplett aufgearbeitete, in der Kindheit erlebte Ereignisse beleuchtet und dort die Ursache für die späteren Verhaltensauffälligkeiten ermittelt. Ziel hierbei ist es, diese nicht verarbeiteten Konflikte ans Licht zu bringen und zu bewältigen.
* Bildquelle: geralt / pixabay.com