Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit, informiert in ihrem kürzlich erschienenen Jahrbuch Sucht 2013 über die Entwicklungen bei den Themen Alkohol, Tabak, Medikamente, illegale Drogen, Glücksspiel und Essstörungen. Wir möchten diese Informationen hier gerne weiter tragen und uns dabei dem Thema Alkoholmissbrauch als Schwerpunkt widmen – auch wenn die Alkoholsucht „nur“ an Platz 3 der häufigsten Suchtkrankheiten geführt wird, hinter den beiden Spitzenreitern Tabak und Medikamente. Ab wann muss man als Alkoholkranker gelten und wie sieht die Entwicklung des Alkoholmissbrauchs in Deutschland aus?
Zahlen und Fakten Alkoholmissbrauch und Alkoholsucht in Deutschland
In Summe sprechen wir von knapp 3.500.000 Menschen in Deutschland, die sich im Bereich der Gefährdung durch Alkoholmissbrauch oder einer bereits manifestierten Alkoholsucht befinden. Etwa 1.600.000 Menschen in Deutschland trinken mehr Alkohol als der Gesundheit zuträglich wäre, weitere 1.800.000 Menschen gelten als alkoholsüchtig. Dennoch liegt die Alkoholsucht „nur“ auf Platz 3. Es führt in dieser unschönen Tabelle mit ca. 5,6 Millionen Menschen die Tabaksucht, gefolgt von Medikamentensucht in Form von Schmerzmitteln, Schlafmitteln und Beruhigungsmitteln, die bei rund 2,3 Millionen Menschen in Deutschland liegt.
Aktuelle Analysen zu alkoholbezogenen Gesundheitsstörungen und Todesfällen gehen jährlich von etwa 74.000 Todesfällen durch Alkoholkonsum allein (gut 19.000 Todesfälle) oder durch den Konsum von Tabak und Alkohol bedingt (knapp 55.000 Todesfälle) aus.
Eine psychische oder verhaltensbezogene Störung durch Alkohol wurde im Jahr 2011 als zweithäufigste Einzeldiagnose in Krankenhäusern fast 340.000 Behandlungsfällen diagnostiziert. Mehr als 26.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 10 und 20 Jahren wurden 2011 aufgrund eines akuten Alkoholmissbrauchs stationär behandelt. Vor allem diese Zahl der registrierten Behandlungsfälle von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen stieg in den letzten Jahren deutlich. Siehe dazu auch unsere Informationen zur Präventionskampagne gegen Komasaufen bei Schülern und Jugendlichen der DAK.
Entwicklung des Alkoholkonsums in Deutschland
Umgerechnet ergeben die 137 Liter alkoholischer Getränke pro Kopf und Jahr knapp 10 Liter reinen Alkohol. Diese wiederum umgerechnet auf Gramm und Tag und Person ergeben etwas über 21g. Zum Vergleich: mehr als 12g Reinalkohol für Frauen und mehr als 24g Reinalkohol für Männer, jeweils pro Tag in den letzten 30 Tagen, gelten bereits als risikobehafteter Konsum. Diese beiden Werte lassen sich besser so umrechnen: pro Tag 0,5 Liter Bier oder 0,25 Liter Wein bei Männern, bei Frauen entsprechend die Hälfte. Eine erste und oftmals leicht umzusetzende Gegenmaßnahme: Legen Sie mindestens zwei gänzlich alkoholfreie Tage pro Woche ein.
Krankheiten und Folgekrankheiten eines hohen Alkoholkonsums
Ein erhöhter Alkoholkonsum verursacht ein entsprechend erhöhtes Risiko, dass sich sowohl akute als auch chronische Erkrankungen manifestieren können. Dazu zählen vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen mit einer vornehmlichen Angriffsfläche im Magen-Darm-Bereich, Leberzirrhosen und psychische Störungen. Direkte Erkrankungen passieren natürlich ebenso im Rahmen von alkoholbedingten Arbeitsunfällen oder Unfällen im Straßenverkehr.
Neben den direkten Folgen für den Betroffenen selbst sind aber auch Folgen für nur indirekt Betroffene zu dokumentieren: bei rund einem Drittel der Gewalttaten ist Alkohol im Spiel, Partner und Kinder von Alkoholsüchtigen sind einer teilweise erheblichen psychischen Belastungen mit entsprechendem Risiko für Folgen daraus ausgesetzt. Ebenso sind bei alkoholbedingten Arbeitsunfällen oder Unfällen im Straßenverkehr oftmals Dritte sehr nachhaltig betroffen.
Ab wann ist man Alkoholiker?
Alkohol kann eine psychische und körperliche Abhängigkeit erzeugen. Sein besonderes Gefährdungspotenzial besteht darin, dass Alkohol praktisch unbeschränkt verfügbar ist. Infolge dessen ist sein Konsum extrem weit verbreitet und erfolgt in großen Bevölkerungsgruppen regelmäßig. In erheblichem Maße ist ein „schädlicher Gebrauch“ bzw. „Missbrauch“ – d.h. ein die Gesundheit schädigendes Konsumverhalten – zu beobachten.
Einen grundsätzlichen Anhaltspunkt gibt die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. wie folgt: wer mehr als fünf Mal pro Woche ein Glas Bier oder Wein trinkt läuft bereits Gefahr, an einem alkoholbedingten Leiden oder einer alkoholbedingten Folgeerscheinung zu erkranken. Eine gefühlt sehr enge Grenze, doch besser zu eng als zu großzügig.
Alkoholabhängigkeit entwickelt sich über einen langen Zeitraum und tritt im Allgemeinen dann auf, wenn ein langzeitig erhöhter Alkoholkonsum und die individuelle genetische Disposition zusammenwirken. Sie wird in der Regel dann diagnostiziert, wenn während des letzten Jahres mindestens drei der nachfolgend aufgeführten sechs Kriterien der „Diagnostischen Leitlinien für das Abhängigkeitssyndrom“ erfüllt sind:
- Es besteht ein starker Wunsch oder Zwang, Alkohol zu konsumieren.
- Es besteht eine verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge des Konsums.
- Das Auftreten eines körperlichen Entzugssyndroms.
- Es kann eine Toleranz nachgewiesen werden, d.h. es sind zunehmend höhere Dosen erforderlich, um die ursprünglich durch niedrigere Dosen erreichten Wirkungen hervorzurufen.
- Andere Vergnügungen oder Interessen werden zugunsten des Substanzkonsums zunehmend vernachlässigt.
- Der Alkoholkonsum wird trotz nachweisbarer eindeutiger schädlicher Folgen körperlicher, sozialer oder psychischer Art fortgesetzt.
- Als riskanter Konsum gelten mehr als 12g Reinalkohol für Frauen und mehr als 24g Reinalkohol für Männer pro Tag in den letzten 30 Tagen.
Seit 1968 gilt Alkoholismus als Krankheit. Die Behandlung dieser Krankheit fällt seit 1978 in die Zuständigkeit der Krankenkassen und der Rentenversicherung.
Literaturempfehlungen zum Thema Alkohol, Alkoholsucht, Alkoholmissbrauch
* Bildquelle: birgitH / pixelio.de
Studie: Gaertner, B. et al. (2013): Alkohol – Zahlen und Fakten zum Konsum. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): Jahrbuch Sucht 2013. Lengerich: Pabst.
Ich habe einen Bruder der jeden Tag trinkt. Er meint, er braucht immer mal ein Bier nach der Arbeit um den Stress zu reduzieren. Meiner Meinung nach ist das schon zu einer Alkoholsucht geworden und ich würde ihn gerne mal zu einer Praxis in diesem Gebiet schicken um ein Einzelcoaching zu haben und sich grundsätzlich über seinen Alltag zu unterhalten. Für mich wäre es wichtig, dass er seiner Gesundheit zu liebe den Konsum einschränkt damit bald keine Erkrankungen erscheinen. Ich wusste nicht, dass die Medikamente noch mehr eingenommen werden als Alkohol. Ich sehe nur, dass immer mehr junge Menschen in einem früheren Alter anfangen zu trinken und finde es wirklich schade! Danke für diesen Beitrag!