Ehlers-Danlos Syndrom: Hintergründe, Ursachen, Symptome - apotheken-wissen.de
Ehlers-Danlos-Syndrom: eine Erkrankung des Bindegewebes *

Wer unter dem Ehlers-Danlos-Syndrom (Kurzform: EDS) leidet, ist von einer geerbten und vererbbaren Erkrankung des Bindegewebes betroffen. Hier wird auch gleich deutlich, dass das Ehlers-Danlos-Syndrom nicht die eigentliche Krankheit ist, sondern um typische Zeichen dafür, dass es sich um diese Bindegewebserkrankung handelt. Das Syndrom beschreibt also, ist aber nicht die eigentliche Krankheit. Die Namensgeber sind Edvard Ehlers, ein dänischer Dermatologe, der 1901 die wesentlichen Zusammenhänge beschrieb, und Henri-Alexandre Danlos, ein französischer Dermatologe, der 1908 vorschlug, die Überdehnbarkeit und Zerreissbarkeit der Haut als Kardinalsymptome zu bezeichnen. 1933 wurde das Syndrom nach ihnen benannt – nichtsdestotrotz: es wurde bereits in der Antike beschrieben. Es beschreibt die Auswirkungen einer massiv verringerten Festigkeit des Bindegewebes im Körper, was sich zwar überall, besonders aber an der Haut und den Gelenken zeigt. Das Ehlers-Danlos-Syndrom gehört zu den seltenen Krankheiten, da nur ca. 0,02 % der Menschen daran erkrankt sind.

Ehlers-Danlos-Syndrom: Hintergründe und Symptome

Das Ehlers-Sanlos-Syndrom bzw. die eigentliche Krankheit, dass das Bindegewebe eine weit geringere Festigkeit besitzt als bei nicht erkrankten Menschen, kann dementsprechend alle Bereiche des Körpers betreffen, die einen hohen Anteil an Bindegewebe besitzen: Gefäße, Muskeln, innere Organe, Bänder und Sehnen.

Hauptsächliches Anzeichen ist aber die Haut, die übermäßig dehnbar und anhebbar ist. Die vor allem am Hals (seitlicher Hals), im Gesicht und über den Gelenken wie beispielsweise dem Handrücken (siehe Foto in diesem Artikel). Die Haut kann dabei wie ein Gummi mehrere Zentimeter gezogen werden und schnellt nach dem Loslassen sofort wieder zurück. Dadurch entstehen kleinere oder größere Einblutungen / Hämatome, die bereits in der Antike beschrieben wurden. Beim Ehlers-Danlos-Syndrom weist die Haut aber auch ein zweites charakteristisches Merkmal auf: sie ist spürbar sehr dünn und samtweich. Deshalb ist sie auch leicht verletzbar und Wunden der Haut heilen deutlich langsamer ab, als sie es normalerweise tun würden.

Die gleiche Überdehnbarkeit, wie sie die Haut aufweist, zeigen auch die Gelenke des Körpers. Denn Bänder und Sehnen können auch stark betroffen sein, so dass sich Gelenke stark überdehnen lassen. Dadurch kommt es zu „unwirklichen“ Dehnungs- und Überstreckungsmöglichkeiten der Gelenke, die zudem oftmals unwillkürlich und nicht steuerbar sind. Häufig betroffen sind die Gelenke in Schultern, Füßen, Händen und im Kiefer. Demzufolge leiden leichter Betroffene auch oftmals bereits an den ersten Auswirkungen mit Blick auf die Gelenke, also chronischen Gelenkschmerzen. Hier sind dann vor allem der Nacken, die Hüften und der Rücken – oftmals in Verbindung mit anhaltenden Muskelschmerzen – betroffen.

Die Ursachen des Ehlers-Danlos-Syndroms

Die Ursache des Ehlers-Danlos-Syndroms ist ein Defekt des Strukturproteins Collagen. Der Name Collagen stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Leim“. Es ist mit einem ca. 30%igen Anteil das meistverbreitete Protein (Eiweiß) im menschlichen Körper und kommt vor allem im Bindegewebe vor.

Dort ist es ein wesentlicher organischer Bestandteil, vor allem der Knochen, der Zähne, der Knorpels, der Sehnen, der Bänder und sehr maßgebblich bei der Haut. Als Leim des Bindegewebes sorgt es für seine Festigkeit, die Fasern des Collagens sind durch ihre enorme Zugfestigkeit kaum dehnbar. Es hält Zugkräften bis zum Zehntausendfachen des eigenen Gewichts stand. Ist dieser Leim, also das Collagen, defekt, wird klar, dass das Bindegewebe unter einem entsprechenden Verlust der Festigkeit mit dem Effekt einer enormer Dehnbarkeit leidet.

Dieser Collagendefekt wird in aller Regel vererbt und ist auch weiter vererbbar. Demzufolge, wenn ein Elternteil erkrankt ist, besteht eine hälftige Chance, dass auch Kinder diesen Collagendefekt mit einem entsprechenden Bindegewebe haben werden.

Diagnose des Ehlers-Danlos-Syndroms

Auch wenn die Symptome des Ehlers-Danlos-Syndroms offenkundig erscheinen, ist seine spezielle Diagnostik letztendlich sehr komplex. Denn hier wird versucht, den grundsätzlichen und sozusagen durch das Ehlers-Danlos-Syndrom sichtbaren Collagendefekt dahingehend näher einzugrenzen, welcher Collagentyp und damit möglichst eingegrenzt welches Gen gestört und/oder defekt ist. Demzufolge basiert der Hauptdiagnoseweg auf der klinischen Diagnose aller Symptome, ergänzt durch eine Familienanamnese (Untersuchung und Dokumentation der medizinischen Familiengeschichte des Betroffenen mit Blick auf die Vererbbarkeit des Ehlers-Danlos-Syndroms) und bswp. einer Hautbiopsie.

Anschließend wird versucht, den Befund einer Ehlers-Danlos-Syndrom – Klassifikation zuzuweisen. Man sieht aber an der nachfolgenden Liste, dass sich die Erscheinungsbilder der verschiedenen Klassen stark überlappen:

  • Heutige Klasse nach „Villefranche“: Klassischer Typ

Frühere „Berliner“ Klassifikation: Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) Typ I (gravis) und Typ II (mitis)
Erscheinungsbild: Haut ist stark überdehn- und leicht verletzbar, Neigung zu Blutergüssen, deutliche schlechte Wundheilung, Gelenke überbeweglich, ebenfalls sind innere Organe und andere Gefäße betroffen
Defekter Collagentyp / defektes Gen: Collagen V, gehört zu den Fibrillären Collagenen

  • Heutige Klasse nach „Villefranche“: Hypermobiler Typ

Frühere „Berliner“ Klassifikation: Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) Typ III (Hypermobil)
Erscheinungsbild: nur leicht überdehnbare, seidige Haut, ausgeprägte Überbeweglichkeit der Gelenke, häufiges Ausrenken der Gelenke, erhöhte Neigung zu Sehnenentzündungen und Bandscheibenvorfällen, chronische Glieder- und Gelenkschmerzen, auffällige Familienanamnese
Defekter Collagentyp / defektes Gen: Collagen III, gehört auch zu den Fibrillären Collagenen

  • Heutige Klasse nach „Villefranche“: Vaskulärer Typ

Frühere „Berliner“ Klassifikation: Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) Typ IV (Arterielle Form)
Erscheinungsbild: die Haut ist lediglich dünn und durchscheinend, Neigung zu Blutergüssen, in der Regel sind nur die kleinen Gelenke überbeweglich, innere Organe und andere Gefäße sind ebenfalls betroffen, spontane Risse eines inneren Organs, eines Muskels, eines Gefäßes, eines Bandes oder einer Sehne, Neigung zu Arterienerweiterungen
Defekter Collagentyp / defektes Gen: Collagen III, gehört auch zu den Fibrillären Collagenen

  • Heutige Klasse nach „Villefranche“: Kyphoskoliose Typ

Frühere „Berliner“ Klassifikation: Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) Typ VI (Okular-Skoliose)
Erscheinungsbild: die Haut ist mittel bis stark überdehnbar, deutlich verschlechterte Wundheilung, Gelenke sind stark überbeweglich / überdehnbar, auch die Augen sind betroffen, innere Organe und andere Gefäße sind ebenfalls betroffen
Defekter Collagentyp / defektes Gen / Ursache: PLOD1 mit der Folge eines Mangels des Enzyms Lsyslhydroxylase

  • Heutige Klasse nach „Villefranche“: Arthrochalasie Typ

Frühere „Berliner“ Klassifikation: Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) Typ VIIa und TypVIIb (Arthrochalasie multiplex)
Erscheinungsbild: die Haut ist dünn nur leicht bis mittel überdehnbar, Neigung zu Ausrenkungen der Hüften, Gelenke sind stark überbeweglich / überdehnbar
Defekter Collagentyp / defektes Gen / Ursache: Collagen I A1 und Collagen I A2, gehören auch zu den Fibrillären Collagenen

  • Heutige Klasse nach „Villefranche“: Dermatosparaxis Typ

Frühere „Berliner“ Klassifikation: Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS) Typ VIIc (Dermatosparaxis)
Erscheinungsbild: die Haut ist sehr schlaff, Gelenke sind stark überbeweglich / überdehnbar, die inneren Organe sind beteiligt
Defekter Collagentyp / defektes Gen / Ursache: Mutation des Collagens I pNPI

Therapie des Ehlers-Danlos-Syndroms

Eine Heilung der Bindegewebskrankheit / des Ehlers-Danlos-Syndroms ist heutzutage noch nicht möglich. Von daher kann nicht die Ursache behandelt werden, auch wenn die Diagnostik stets versucht, spezifischer zu werden, um daraus Therapiemöglichkeiten der Ursache entwickeln zu können. Wie aber bereits an der obenstehenden Liste zu mutmaßen ist: auch die Klassifizierung in Ehlers-Danlos-Syndrom-Typen und ihre teilweise große Überlappung bei den Erscheinungsbildern weist (bisher) noch keinen richtigen Weg oder eine Lösung.

Somit bleibt heutzutage bisher nur, statt der Ursachen die Folgen für den Betroffenen insgesamt und seinen Alltag möglichst weit zu minimieren. Im medizinischen Bereich nennt man das eine symptomatische Therapie. Dazu zählen hier beispielsweise:

  • Überwachung des kardiovaskulären Systems, vor allem bei Betroffenen des Vaskulären Typs, da sie besonders gefährdet sind
  • Physiotherapie, hier vor allem Haltungskontrolle und Haltungstraining, physiotherapeutische Korrektur von Fehlbildungen und Fehlstellungen, Stabilitätsübungen, Aufbau der gelenkstabilisierenden Muskeln
  • orthopädische Hilfsmittel: Orthesen und Bandagen, um die Gelenke zu schützen und/oder zu fixieren / Rollatoren und Rollstühle, um die Gelenke zu entlasten
  • Vitamin C: erzielt bei manchen Patienten eine verminderte Neigung zu Schwellungen und eine normalisierte Wundheilung
  • Orthopädisch-chirugische Eingriffe zur direkten Korrektur, beispielsweise von Bändern und Sehnen, sind in der Regel nicht sinnvoll und angezeigt.

Je nach Ausprägung und Stärke des Ehlers-Danlos-Syndrom sehen wir, dass die Krankheit einen sehr massiven Eingriff in den Alltag des Betroffenen und seiner direkten Umgebung / Familie darstellt. Neben der symptomatischen Therapie ist eine entsprechende berufliche Rücksichtnahme hier immanent. Die deutlich wichtigste Rolle spielen jedoch die psychischen, emotionalen und psychologischen Unterstützungen der Betroffenen. Vor allem bei betroffenen Kindern ist es wichtig, sie bei der Akzeptanz und dem Umgang mit den teilweise schwerwiegenden Erscheinungen des heute noch nicht ursächlich heilbaren Ehlers-Danlos-Syndrom zu unterstützen.

Weblinks Ehlers-Danlos-Syndrom

Da Hilfe zur Selbsthilfe, Patientenvertretungen und Patientenorganisationen unterstützend und hilfreich sein können im Umgang mit dem Ehlers-Danlos-Syndrom seien hier zwei stellvertretend genannt:

* Bildquelle: Hyperextension Haut Hand; Wikipedia / Dagger9977, Lizenz: Creative Commons by-sa 3.0 de / Kurz

Von Team apotheken-wissen.de

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