Koma und künstliches Koma - apotheken-wissen.de
Künstliches Koma: Teil einer Notfallversorgung und Therapie *

Samuel Koch nach seinem Unfall bei Wetten-dass oder Michael Schumacher nach seinem Skiunfall: zwei Personen und zwei Unfälle mit einer entsprechenden medialen Aufmerksamkeit wurden in ein künstliches Koma versetzt. Bei einem künstlichen Koma, das, wie der Name schon sagt, bewusst eingeleitet wird, handelt es sich um einen Teil der Notfallversorgung und Therapie, die dem Körper helfen soll, die schweren Folgen einer Krankheit oder eines Unfalls zu meistern. Bei einem künstlichen Koma handelt es sich um eine spezielle Form und ein spezielles Verfahren der Narkose, oder treffender gesagt um eine Langzeit-Narkose. apotheken-wissen.de informiert in diesem Gesundheitsratgeber über den Begriff des künstlichen Komas.

Siehe dazu auch den apotheken-wissen.de Beitrag „Koma: Definition, Hintergrund und Verlauf

Warum ein künstliches Koma?

Ein Patient wird in ein „künstliches Koma“ (Künstlichen Tiefschlaf, Sedierung, Langzeit-Narkose) versetzt, um ihn nach schweren Operationen, bei schwerwiegenden Krankheiten oder nach schweren Unfällen zu entlasten. Entlastung meint hierbei, dass dem Körper eine möglichst tiefe Ruhe zum Zweck der Erholung gegeben wird. Dabei werden bewusst und skaliert bestimmte Leistungen des Gehirns wie bspw. Wachheit, Stress, Schmerzempfindung, Angst, motorische Reaktionen oder Erinnerungen herab- oder ausgesetzt. Somit also wird der Patient in den kontrollierten und kontrollierbaren Zustand einer tiefen Langzeit-Narkose versetzt und damit für die schwierigen oder langen Phasen einer Intensivbehandlung sediert.

Begriffsklärung „künstliches Koma“

Wie wir im apotheken-wissen.de Beitrag „Koma: Definition, Hintergrund, mögliche Formen und Verläufe“ bereits haben sehen können, beschreibt das Koma im medizinischen Sinne einen ungeregelten Bewusstseinsverlust, dessen Kontrolle und die aktive Einflussnahme auf seinen und einen positiven Verlauf nur sehr begrenzt möglich sind. Insofern ist es eigentlich falsch, von einem künstlichen Koma zu sprechen. Denn dieser Zustand wird zum einen bewusst herbeigeführt und vor allem: er ist nach Absetzen der Medikamente in fast allen Fällen wieder reversibel. Es wird also eine kontrolliert und medikamentös herbeigeführte Bewusstseinsminderung initiiert, die ebenso kontrolliert wieder aufgelöst werden kann. Richtiger sind somit hier die Begriffe Begriffe Künstlicher Tiefschlaf, Sedierung oder Langzeit-Narkose.

Einleitung und Verlauf eines künstlichen Komas

Ein künstliches Koma wird durch eine kontrolliert und medikamentös herbeigeführte Bewusstseinsminderung initiiert, die ebenso kontrolliert wieder aufgelöst werden kann. Dabei werden Medikamente in wirkungsabhängiger Dosierung und meist in Kombination verabreicht: Beruhigungs- und Schlafmitteln, Schmerzmitteln, andere Narkotika sowie Psychopharmaka. Ihre Wirkung und auch die Narkosetiefe sind und bleiben entsprechend steuerbar – und deshalb gehen die Mediziner mit dem Begriff Koma deutlich weniger negativ besetzt um als die landläufige Meinung diesen Begriff sieht.  Es kommen dieselben Beruhigungs-, Schlaf-, Schmerz- und Narkosemittel zum Einsatz wie bei einer normalen Allgemeinanästhesie. Die Steuerbarkeit eines künstlichen Komas bedeutet jedoch nicht „je länger desto besser“: je länger und tiefer ein Patient in dieser Langzeit-Narkose verbleibt, desto höher werden die Risiken für Zweitinfektionen, Organentzündungen etc.

Ein künstliches Koma, oder wie gesagt besser ausgedrückt als künstlicher Tiefschlaf, Sedierung oder Langzeit-Narkose, geht in der Regel einher mit einer künstlichen Beatmung, wenn die Komatiefe auch den Hirnstamm umfasst. Manchmal, aber diese zusätzliche Behandlung ist umstritten und deshalb auch nicht mehr Bestandteil der internationalen medizinischen Leitlinien, wird die Langzeit-Narkose mit einer Hypothermie ergänzt. Die Hypothermie meint generell eine Unterkühlung (Verklammung) nach oder durch Kälteeinwirkung, bei einer therapeutisch und im Rahmen eines künstlichen Komas eingesetzten Hypothermie versucht(e) man, verschiedene positive Effekte einer Unterkühlung zu nutzen. Mittels Kühldecken, Eispackungen oder auch durch die Ableitung des venösen Blutes, das externe Herunterkühlen des Blutes auf eine bestimmte und unterhalb der Normaltemperatur liegenden Temperatur und der Wieder-Zuführung in den Blutkreislauf wird Körpertemperatur des Patienten, die normalerweise bei ca. 37° Celsius liegt, auf 34-35° Celsius abgesenkt. Durch diese Herabsenkung wird der Stoffwechsel in Körper und vor allem im Gehirn herabgesenkt und der Sauerstoffbedarf des Patienten sinkt entsprechend ebenso. Gleichzeitig aber – und hier liegen die eventuell doch überwiegenden Nachteile bei einer gleichzeitig zur Anwendung kommenden therapeutischen Hypothermie – fördert die Hypothermie das Infektionsrisiko und vor allem: die Hypothermie hemmt die Blutgerinnung. Diese Blutungsneigung ist kontraproduktiv, denn vor allem bei Hirnverletzungen ist die oberste Maxime, dem Gehirn Druck und Schwellungen zu nehmen.

Was nimmt der Patient während eines künstlichen Komas wahr?

In der Regel nimmt der Patient während des Zustands eines künstlichen Komas nichts wahr. Medizinisch belegbar sei es über das EEG, die elektronische Enzephalografie (Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns durch Aufzeichnung der Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche): je näher es an der Nulllinie ist, desto weniger nimmt der Patient wahr. Nichtsdestotrotz: Berührungen der Haut und vor allem das Sprechen mit Koma-Patienten (da das Trommelfell eine der empfindlichsten Hautpartien des Körpers ist) zeigen auch medizinisch messbar oft einen Anstieg des Blutdrucks. Zumindest der Körper reagiert, wenn auch vielleicht nicht das Gehirn. Insofern gibt es auch hier zwei Meinungen: die einen warnen (vielleicht auch zurecht) vor zu hohen Erwartungen, die Mediziner, Pflegepersonal und vor allem die Angehörigen entstehen können. Die anderen sagen: schaden kann es auf keinen Fall und warum also nicht auch Sprechen und Umgang mit einem Patienten, selbst wenn sich dieser in tiefer Bewusstlosigkeit befindet.

Ausleitung eines künstlichen Komas

Während die Einleitung und die Überwachung des Verlaufs eines künstlichen Komas verhältnismäßig einfach sind, ist seine Ausleitung eine eher komplizierte Entscheidung und ein komplizierter Vorgang. De erste schwierige Entscheidung ist die Frage, wann man das künstliche Koma ausleiten soll oder kann. Ein Regelwerk oder bestimmte messbare Werte dafür gibt es nicht – außer der Generalformel, eine Langzeit-Narkose nicht länger als unbedingt notwendig beizubehalten. Einer der wenigen messbareren Werte ist bei Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma der Hirndruck. Ist dieser wieder im normalen Bereich, kann und wird mit ersten Ausleitungsschritten begonnen. Sind es vor allem schmerzabschaltende oder der allgemeinen Entlastung dienende Gründe, die ein künstliches Koma verlangten, wird in kleinen Schritten vorgegangen: dazu wird die Medikamentengabe reduziert und der Patient in einen wachen oder zumindest wacheren Status geführt. Damit können sich die Ärzte ein zunehmend genaueres Bild darüber machen, wie es bspw. um die Vitalfunktionen des Patienten bestellt ist: Atmet er selbstständig, welche Reflexe zeigt er usw.

Patienten erinnern und reagieren nach Ausleitung eines künstlichen Komas sehr unterschiedlich: vor allem bei schweren Grunderkrankungen kann auch ein künstliches Koma nicht alles gerichtet oder verbessert haben. Auch hier droht weiterhin der Tod, ein Wachkoma (vegetativer Zustand ohne oder mit nur minimalem Bewusstsein) oder ein Verbleib im Locked-in-Syndrom (wiedererlangtes Bewusstsein, aber mit bleibender Lähmung). Andere Patienten reagieren positiv: sie sind sofort relativ hellwach oder sie deuten bspw. gleich auf den unangenehmen Tubus der künstlichen Beatmung wünschen seine Entfernung. Viele Patienten haben zwischenzeitlich vergessen, was bisher geschah, wieder andere berichten von schemenhaften Erinnerungen wie in einem Film, wieder andere wissen nahezu alles aus der Erinnerung.

Weiterführender Linktipp zum Thema „Koma“

* Bildquelle: Michael Bührke  / pixelio.de

Von Team apotheken-wissen.de

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