Erstmalig wurde das Krankheitsbild 1977 beschrieben und gilt als eines der am häufigsten nicht erkannten psychischen Leiden: Das sogenannte Münchhausen Stellvertreter Syndrom, auch Münchhausen–by–proxy–Syndrom (MBPS) genannt. Es handelt sich hierbei um eine psychische Störung, die vor allem Mütter betrifft und dazu führt, dass diese ihre Kinder wissentlich krank machen, Krankheiten erfinden oder übersteigern. Auf diese Art und Weise soll das Bild der fürsorglich pflegenden Mutter erfüllt werden, die aufopferungsvoll für das Kind sorgt und dafür die Anerkennung und das Lob erntet, alles für die Pflege des angeblich schwer erkrankten Kindes zu unternehmen. Der Zwang, durch dieses Verhalten um Zuwendung zu ringen, geht so weit, dass diese Frauen eher den Tod ihres Kindes billigend in Kauf nehmen als sich die psychische Störung einzugestehen. In Deutschland werden jährlich zwischen 50 und 200 Fälle gemeldet, in denen Mütter Krankheiten ihrer Kinder simulieren, jedoch liegt die Dunkelziffer höchstwahrscheinlich wesentlich höher, da es Außenstehenden bewusst sehr schwer gemacht wird, dieses Krankheitsbild zu erkennen.
Münchhausen Stellvertreter Syndrom: Krankheitsbild der Störung, was bedeutet dies für die Opfer?
Die Erkrankung ist deshalb besonders schwierig zu erkennen, da die Betroffenen, meist Mütter, sich alle Mühe geben, nicht durchschaut zu werden. Aus diesem Grunde erfolgt beispielsweise häufig ein Arztwechsel, damit es nicht auffällt, wenn sich seltsame Abfolgen von Krankheitsbildern des Kindes häufen. Auch sind Kinderärzte oder Richter laut Studien des Deutschen Kinderschutzbundes nicht ausreichend geschult, um Muster und Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen. Anzeichen für Münchhausen Stellvertreter sind beispielsweise häufiges Einmischen der Mütter in Behandlungsabläufe oder eine schlagartige Verbesserung des Gesundheitszustandes sobald sich die Mutter nicht in der Nähe des Kindes befindet. Misstrauen des Arztes ist vor allem in solchen Fällen angebracht, in denen die Mütter auf immer invasivere Behandlungsmethoden drängen, vor denen andere Mütter zurück schrecken, um ihr Kind nicht unnötigen Schmerzen oder Belastungen auszusetzen. Für die Kinder bedeutet dieses Verhalten häufig ein jahrelanges Martyrium, in dessen Verlauf ihnen bewusst Schmerzen zugefügt, Krankheiten erfunden, Krankenakten gefälscht und Leiden verlängert werden. Dies geht so weit, dass den Kindern Substanzen wie Schmutzwasser, Urin, verdünnte Fäkalien, Pflanzengifte etc. gespritzt bzw. verabreicht oder Knochen gebrochen werden ohne Rücksicht auf die Qualen zu nehmen, die die Folge dieser schrecklichen Behandlung darstellen.
Was macht die Diagnose und Behandlung so schwierig?
Das Münchhausen Stellvertreter Syndrom ist deshalb besonders schwierig zu erkennen, da die Betroffenen, meist Mütter, sich alle Mühe geben, nicht durchschaut zu werden. Aus diesem Grunde erfolgt beispielsweise häufig ein Arztwechsel, damit es nicht auffällt, wenn sich seltsame Abfolgen von Krankheitsbildern des Kindes häufen. Auch sind Kinderärzte oder Richter laut Studien des Deutschen Kinderschutzbundes nicht ausreichend geschult, um Muster und Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen. Diese Mütter besitzen weder Schuldempfinden noch Problembewusstsein oder Einsicht, was eine Therapie nahezu unmöglich macht. Auslöser der psychischen Störung ist häufig eine Form des Selbstzweifels sowie ein starkes Minderwertigkeitsgefühl. In vielen Fällen treffen diverse psychische Probleme aufeinander bevor sich eine solche ausgeprägte Störung wie das Münchhausen Stellvertreter Syndrom entwickelt.
Münchhausen Stellvertreter Syndrom: Mit welchen Spätfolgen ist zu rechnen?
Die Auswirkungen der grausamen Peinigung auf das spätere Leben der Kinder sind in den meisten Fällen verheerend. Nicht selten erleiden die Opfer schwerste psychische Schäden, entwickeln Persönlichkeitsstörungen und verlieren jedes Vertrauen in sich und ihren Körper. In manchen Fällen setzt sich das Verhalten der Mutter in den nächsten Generationen fort. Durch häufige Krankenhausaufenthalte verlieren die Kinder nicht selten den Anschluss an den Unterrichtsstoff und haben später nicht nur mit seelischen, sondern auch mit schulischen Defiziten zu kämpfen. Auch Probleme mit der Sexualität gehören zu häufigen Folgen der Misshandlung.
Ein häufiges Problem ist, dass das zerstörerische Verhalten der Mutter erahnt wird, sich aber niemand traut, nachzuforschen. Auch wird den Kindern oft nicht geglaubt, wenn sie sich endlich jemandem öffnen möchten. Im Zweifelsfall gibt es die Möglichkeit, sich an das Jugendamt zu wenden, hier helfen die Mitarbeiter gerne mit der Vermittlung von fachkundigen Beratungsgesprächen weiter. Wichtig ist, auch als Passant nicht die Augen zu verschließen und bei Verdacht auf ein Münchhausen Stellvertreter Syndrom Rat und Hilfe zu suchen. Dadurch kann vielleicht das Leid eines Kindes erkannt und schlimmere Folgen verhindert werden.
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